Titelstory Grand Marnier

Cognac mit einem Hauch Exzentrik

Gereifter Genuss, ein Hauch Exzentrik und berühmte Mixed Drinks spiegeln das Erbe von Grand Marnier im Heute. Von Patrick Tilke. Entschleunigt geht es des Nachts von Bordeaux aus über viele kleine Strassen, bis hinter dem Hügel im Antlitz der Sternstunde das Städtchen Cognac auftaucht. Die Brise des Atlantiks und der Duft des Weines liegt in der Luft. Das Ziel ist die Heimat von Grand Marnier, ein exzentrisches Erzeugnis der Region. Denn dass die Geschichte um diesen illustren Likör eng verbunden ist mit jener der Hauptstadt Paris, mag man vor der idyllisch-ländlichen Kulisse kaum vermuten.

 

Ergo drehe man einmal am Rad der Zeit: 1827 gründete ein gewisser Jean Baptiste Lapostolle, von Beruf Destillateur, in Neauphle-le-Château bei Paris eine Brennerei für Fruchtliköre. Mit dem Ausbruch des Deutsch-Französischen Kriegs (1870-71) flüchtete Sohn Eugène samt Familie jedoch nach Cognac, wo sie die Kunst der Cognac-Destillation erlernte und von da an erzeugt. Nach dem Krieg kehrte die Familie nach Paris zurück und führt ihre Geschäfte hier fort. 1876 heiratete die Enkelin Julia dann Louis-Alexandre Marnier, dessen Familie als Weinhändler Lapostolles Produkte in der Region Sancerre vertrieb. Mit der Heirat war zugleich das „La Maison Marnier-Lapostolle“ geboren und der Grundstein gelegt: 1880 kombinierte Louis-Alexandre eine seltene Bitterorangensorte aus der Karibik mit Cognac, nannte ihn „Curaçao Marnier“ und liess die Flasche in Form einer Alambique, das rote Band und Wachssiegel schützen.

 

Schweizer Verbundenheit in Paris

Die Umbenennung zum heutigen „Grand Marnier“ war hingegen der Freundschaft zwischen Louis-Alexandre und dem Schweizer César Ritz geschuldet, der als Hotelier das Hôtel Ritz in Paris gründete. Ritz habe schlicht gesagt: „Ein grosser Name für einen grossen Likör!“ Damit war der Name Grand Marnier geboren – ein einzigartiges Produkt aus gereiftem Cognac und der verführerischen Essenz von bitteren Orangen. In der Folge erwuchs Grand Marnier zu einem Muss auf den Pariser Soirées in der Belle Époque in der Wende zum 20 Jahrhundert. Es war eine Zeit, innerhalb derer in nur drei Jahrzehnten der Eiffelturm, die Métro und die Oper gebaut wurden oder auch der erste Kinofilm öffentlich gezeigt wurde. Auch zeugte das Entstehen von neuen Läden für Luxusgüter aller Art – darunter eben Grand Marnier – von einer neuen Ära.

 

In dieser dekadenten Zeit wurde der exzentrisch anmutende Grand Marnier in Pariser Häusern wie dem Hôtel Ritz und dem Savoy Hotel serviert und sorgte so für ausgelassene Genussfreuden. Im Jahr 1921 erwarb die Familie Marnier Lapostolle zudem das weitläufige, aus dem 13. Jahrhundert stammende Château de Bourg-Charente im Cognac bei Bordeaux, wo Grand Marnier heute produziert wird.

 

Im 20. Jahrhundert weitete Grand Marnier seine Bekanntheit noch weiter aus, darunter in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo vor allem der Mixed Drink Grand Margarita in den 1980er-Jahren seinen Erfolg feierte. 2016 übernahm dann die Gruppo Campari das Unternehmen. Auch deshalb ist Grand Marnier auch heute noch so gross wie einst und eben mehr als nur ein Cognac. Er ist ein Cognac, versehen mit einem verführerischen Hauch Exzentrik.

 

Gereifter Cognac und bittere Orangen

Auch wenn sich die Zeiten geändert haben, ist das Rezept für Grand Marnier gleichgeblieben. Darüber weiss auch Patrick Raguenaud zu berichten, 1954 in Jarnac geboren und seit 2004 Master Blender. Bereits der Vater war im Cognac-Geschäft tätig. Und auch der Sohn besitzt eine jahrzehntelange Erfahrung im Cognac, mit der er das Profil von Grand Marnier immer weiter verfeinerte – begleitet von Leichtigkeit, Humor und viel Wissen über das Geschäft. Allen voran ist das Besondere an Grand Marnier, dass er mit Cognac verfeinert wird, und nicht – wie bei Orangenlikören häufig üblich – mit Neutralalkohol. Die Basis bilden Trauben der Rebsorte Ugni Blanc, die aus den fünf grossen Weinlagen bei Cognac von 450 Vertragswinzern gewonnen werden. Sie werden in der Distillerie Cabanne destilliert, in Tannin-armen Fässern gereift und danach vermählt – möglichst unbeeinflusst soll das Aroma des Cognacs sein.

 

Die Essenz aus Bitterorangen ist das andere Geheimnis. Die verwendete Citrus Bigaradia kommt aus Spanien und stammt ursprünglich aus der Karibik – im Gegensatz zu anderen Produkten, welche etwa auch Süssorangen verwenden. Die Bitterorangen werden grün gepflückt, um einen hohen Anteil an Bitterkeit zu erhalten. Die Schalen werden aufwendig von der Frucht getrennt und in der Sonne getrocknet. Auf der Bourg Charente werden sie von der weissen Haut befreit und in einer kalten Mazeration die Öle entzogen. Danach wird das Mazerat in der modernen Column Still in nicht-kontinuierlicher Destillation destilliert und mit dem gereiften Cognac vermählt. Anschliessend erfolgt eine weitere, ein- bis sechsmonatige Reife in grossen Eichenfässern, um Grand Marnier seinen finalen Schliff zu verleihen.

 

Variantenreicher Genuss

Der Grand Marnier Cordon Rouge mit dem roten Band um die Flasche (auch als „Red Ribbon“ bekannt) ist der Klassiker des Hauses. Er besticht durch fruchtige Aromen wie Apfel und Birne und setzt sich zusammen aus Cognac (51%) und Orangenlikör (49%). Der Cuvée Louis Alexandre (VSOP) mit dem blauen Label bietet vertiefte Aromen von Aprikose bei einem Verhältnis von 82% Cognac und 18% Orangenlikör. Zudem gibt es den Grand Marnier Cuvée du Centenaire. Er wurde 1927 zum 100-jährigen Jubiläum veröffentlicht und vor einiger Zeit von Raguenaud überarbeitet und neu aufgelegt. Er basiert auf der gleichen Mischung wie der Grand Marnier Louis Alexandre, enthält allerdings länger gereiften Cognac in XO-Qualität und besticht durch Trockenfrüchte wie Pflaume und Nuss. Er wird für den Purgenuss empfohlen.

Eine Grösse für Barkeeper

In seiner Vielfalt ist Grand Marnier auch bei Barkeepern eine bekannte Grösse – unter anderem durch die Grand Marnier Competition: Im vergangenen August lud man 20 Barkeeper zu einem Erfahrungstag in das Lady Suzette in Zürich ein, wo man mehr über Grand Marnier und seine Qualitäten erfuhr. Gabriel Bodor, Barkeeper im Carlton Restaurant & Bar, führte als Markenbotschafter durch die mixologische Welt von Grand Marnier. Zum Finale des Wettbewerbs, ebenfalls im Lady Suzette im November, wurden fast 30 Rezepte eingereicht. Benjamin Juhasz aus dem Old Crow wurde zum Sieger gekürt. Den zweiten Platz belegte Luca Monn aus der Widder Bar. Platz 3 errang Tabea Manzke (Platzhirsch, Aarau), Platz 4 Petra Giacomazzi (Soho, St.Gallen). Die Plätze 1 bis 3 gewannen eine Reise zu Grand Marnier nach Frankreich, Platz 1 und 4 einen Grand Marnier Aperitif in ihrer Bar.

 

Petit Trésor (Bild oben links)
(Von Benjamin Juhasz, Old Crow, Zürich und Gewinner der Grand Marnier Competition)

 

Der Drink verkörpert auf elegante Weise die Komplexität in der Einfachheit. Der mit Safran versetzte Grand Marnier wird von dem weltbekannten Noilly Prat Dry und einem Hauch von Campari Cask Tales begleitet.

Zutaten

  • 3 cl Grand Marnier infusioniert mit Saffran
  • 6 cl Noilly Prat Dry
  • 2 dsh Campari Cask Tales

 

Grand Margarita (Bild oben rechts)

(Von Grabriel Bodor, Carlton Bar, Zürich)

 

Grand Margarita

  • 3 cl Grand Marnier
  • 3 cl Tequila Espolòn
  • 2 cl frischer Limettensaft

Zubereitung: Shake & Strain in eine Coupette mit Salzrand und mit einer Limettenscheibe garnieren.

 

Bezugsquelle:

 

Campari Schweiz AG

Lindenstr. 8

6341 Baar

www.campari-schweiz.ch

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