Länderthema: Frankreich

Nouvelle Vague: Die Neue französische Welle

Neue Welle – so werden gern neue kulturelle Strömungen bezeichnet, sei es in der Musik oder im Film. Meist bedeutet es eine Abkehr vom Gewohnten. In Frankreich markierte der Begriff „Nouvelle Vague“ einst die Neuausrichtung des Kinos. Wir haben den französischen Spirituosenmarkt nach solchen neuen Wellen sondiert – neben den beliebten Klassikern. Von DRINKS-Autorin Telse Prahl.

 

Ende der 1950er-Jahre entstand in Frankreich eine neue Bewegung unter jungen Cinéasten – sie wollten das kommerzielle Kino verändern und mit Sehgewohnheiten brechen, indem sie sich von der gängigen Bildsprache und einem vorhersehbaren Erzählfluss abwandten. Unter dem Begriff „Nouvelle Vague“ (Neue Welle) formierten sich Regisseure wie Francois Truffaut, Jean-Luc Godard, Éric Rohmer und Claude Chabrol, die einen neuen, assoziativeren Filmstil kultivierten. Sie revolutionierten nicht nur die Erzählstruktur, sondern auch Filmästhetik und Produktionstechniken. Das äußerte sich in echten Schauplätzen (statt Studio), improvisiertem Schauspiel und unkonventioneller Erzählweise. Damit veränderten sie maßgeblich das traditionelle Filmschaffen – ihre Einflüsse wirken bis heute nach und inspirierten Filmemacher auf der ganzen Welt.

 

Die Neuinterpretation der Klassiker

Genau wie die Nouvelle Vague das Filmschaffen veränderte, zeugen die neuen Spirituosen davon, wie sich die Kreativität der Hersteller und das Interesse der Verbraucher stetig weiterentwickeln. Innovative Branchenköpfe fordern alte Traditionen heraus und erweitern das Feld um neue Geschmackserlebnisse. Dabei muss mitnichten das Produkt immer neu sein – oft wird es einfach neu gedacht. Zu nennen wäre hier beispielsweise das Maison Ferrand, das stets vorn mit dabei ist, wenn es darum geht, Prozesse neu zu bewerten und Grenzen auszuloten. Inhaber Alexandre Gabriel kennt sich bestens aus mit den strengen Regeln der Cognac-Herstellung, was ihn nicht daran hinderte, bei der Reifung seiner Destillate mit anderen Fassarten zu experimentieren. So erfuhr der Ferrand Renegade No. 3 sein Finish in jamaikanischen Rumfässern der hauseigenen Marke Plantation. Das ist gemäß AOC-Standards nicht zulässig, weshalb Gabriel das Resultat „Eau de Vie de Vin“ nannte und ihn „Renegade“ (abtrünnig) taufte. In einem früheren Gespräch erklärte uns der Ferrand-Chef: „Einst wurde Cognac nicht nur in Eichenfässern gereift – man stellte auch Fässer aus Kastanie, Maulbeerbaum, Akazie her. Vor 30 Jahren wurde das jedoch verboten.“ Laut ihm gehört dies jedoch zum Erbe der Cognac-Herstellung, weshalb er es begrüßen würde, ließe sich die Kategorie in diesem Punkt erweitern. Und so hat Gabriel seinen Cognac nicht nur in Rum-, sondern auch bereits in Kastanien- (Renegade No. 2) und Sauternes-Fässern (Renegade No. 1) ausgebaut. Er mag es, selbst abtrünnig zu sein.

 

Ob es am gleichen Vornamen liegt, sei dahingestellt – jedenfalls ist auch Alexander Stein jemand, der gern „Out oft he Box“ denkt. In der Vergangenheit stellte er mit Monkey 47 die deutsche Gin-Welt auf den Kopf; heute ist er in anderen Gefilden unterwegs: 2021 erwarb er von Pernod-Ricard eine Mehrheitsbeteiligung an der Société Produits d’Armagnac, zu der auch die Marke Marquis de Montesquiou gehört. Armagnac zählt zu den ältesten Spirituosen der Welt, allein die Wurzeln der Familie Montesquiou in der Gascogne reichen bis ins Jahr 1040 zurück. Dieser altehrwürdigen Kategorie neue Sexyness einzuhauchen, ist das Ansinnen von Stein. Ein erster Schritt sind die unaufgeregten, an Reduziertheit nicht zu überbietenden Flaschen der neuen Kollektion des Marquis de Montesquiou – sie lassen alles Verschnörkelte, Flakon-ähnliche hinter sich, punkten mit Purismus und schlichtem Design. Wie man vom Erfolg des Monkey weiß, zählt eben auch die äußere Erscheinung. Man darf gespannt auf die weitere Entwicklung des Armagnacs sein.  

 

Anis im Aufwind

Ein Glas Pastis an einem heißen Sommertag ist eine wunderbare Abkühlung. Der ätherische Anisschnaps ist nicht zu süß, fast ein wenig medizinisch und schmeckt, mit eiskaltem Wasser genossen, herrlich erfrischend. Ob in den Bistros der Städte, in den kleinen Bars verschlafener Dörfer, am Rande von Pétanque-Plätzen oder entlang der Küstenpromenaden – Pastis ist ein Klassiker par excellence und wird heute wie früher gern getrunken. Typisch französische Marken wie Pernod, Ricard oder Duval sind hier seit Jahrzehnten führend, fangen sie doch das Lebensgefühl der Grande Nation über die Grenzen des Landes hinweg ein.

 

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